The-Kingfishers

Angeln in Hamburg und Umgebung

Auf Umwegen zum Fisch – Ein Fangbericht

Das Angeln auf Meerforelle strahlt für mich eine unglaubliche Faszination aus. Vor einer wunderschönen Kulisse manchmal tagelang im Wasser zu stehen – nur für den EINEN Moment. Den einen Moment, in dem ein harter Schlag durch die Rute geht und der Nervenkitzel beginnt…
Sitzt der Haken fest genug?
Steigt der Fisch aus?
Leider lässt es meine Zeit nur noch selten zu aus Hamburg an die Ostsee zu fahren und so war ich umso aufgeregter, als es am 08.04.06 endlich mal wieder zum Watfischen ans Meer gehen sollte. Tagelange Recherche nach den zur Zeit vermeintlich besten Plätzen waren dem vorrausgegangen und haben das Warten auf das Wochenende etwas erträglicher gestaltet. Und dann war es endlich so weit. Ich hatte mich für einen Strand bei Warnemünde in Mecklenburg-Vorpommern entschieden und startete am Samstag um 6 Uhr mit meinem Freund Seppel zu den ersehnten Angeltagen durch. In Warnemünde angekommen, ging das Warten aber leider erst mal weiter, da sämtliche Angelgeschäfte erst um 9 Uhr öffnen und wir ja noch die Angelerlaubnis für die Mecklenburgische Ostseeküste (Kostet: 5 €/Tag; 10€/Woche; 20€/ Jahr) brauchten. Nachdem auch diese Hürde genommen wurde, konnte es also losgehen…
Der Strandabschnitt an der Wilhelmshöhe bei Warnemünde ist ausgesprochen abwechslungsreich. Tangfelder, Sandflächen und Findlinge – also der typische Leopardengrund – zeichnen den Gewässergrund hier vor der Steilküste aus.
…und wir waren endlich da … allerdings nicht alleine!!! Acht andere Angler hatten den gleichen Gedanken wie wir. So ist das eben, wenn man nur am Wochenende Zeit hat. Aber so konnte man sich erst mal ein Bild von der gegenwärtigen Situation verschaffen und sich vielleicht ein paar Tipps von den einheimischen Kollegen einholen.


Wir erfuhren, dass am Abend zuvor einige ganz gut gefangen hätten. Zwei, drei maßige Fische bis 53 cm und mehrere Untermaßige (Das Mindestmaß in MV beträgt 45 cm) wurden gelandet. Auch heute morgen bis acht Uhr gab es einige Bisse und drei untermaßige Meerforellen. Das Klang ja schon mal ganz vielversprechend. Die Meerforelle wird ja nicht umsonst „Der Fisch der tausend Würfe“ genannt! Beim Angeln auf Meerforelle ist ein Tag mit Fisch nicht selbstverständlich, aber ein Tag ohne schon eher.
Nach 15 minütiger Recherche machten wir uns dann startklar. Ich steckte meine dreiteilige „Hypercast Trout“ von Quantum (3,00 m / 10-40 gr. WG) zusammen und schraubte eine Mitchell „Avocet Gold SW 4000“, die ich mit 0,12er Fireline in dark-grey bespult hatte, an die Rute. Von einem monofilen Vorfach sah ich ab, da die Rute sehr weich und die Mitchell-Bremse sehr fein justierbar ist und sie zusammen auch harte Schläge und Fluchten abfangen können. Als Köder setze ich im Frühjahr und gerade bei klarem Wasser eher auf Naturfarben und je nach Gewässertiefe auf Blinker (tiefer) oder Wobbler (flacher), da ich eine verhältnismäßig langsame Köderführung bevorzuge. Aus meinen Erfahrungen aus dem Raubfisch-Spinnangeln auf Hecht, Regenbogen-, Bach-, und Meerforelle, schalte ich generell einen zweiten Sprengring vor den Drilling, da er sich so flexibler bewegen kann und gerade bei Sprüngen im Drill nicht gleich ausschlitzt. Außerdem benutze ich Drillinge mit nach innen gebogenen Hakenspitzen, da diese nach dem Biss einfach fester im Maul sitzen.
Und nun endlich ab ins Wasser…


Das Wetter war zwar nicht ganz ideal (Es war bewölkt mit einzelnen Schauern, Luft 9°C, Wasser 5°C und ablandiger Wind um 5 in Böen 6-7), aber das kann man sich ja nicht aussuchen. Außerdem standen wir durch die Steilküste und den ablandigen Wind einigermaßen geschützt im Wasser.
Und wir standen…und standen…

Es tat sich wirklich rein gar nichts! Bei uns nicht und auch nicht bei den Einheimischen! Aber noch waren wir voller Hoffnung, da die Einheimischen uns ja ausführlich über das „spezielle“ und nebenbei für die Jahreszeit ausgesprochen ungewöhnliche Beißverhalten der „einheimischen“ Fische berichtet hatten. Beißzeiten zwischen 17 und 19 Uhr abends und 6 und 8 Uhr morgens sind im Frühjahr und auch gerade nach so einem langen und kalten Winter ausgesprochen ungewöhnlich. Meerforellen bevorzugen eigentlich Wassertemperaturen zwischen ca. 6 und 9°C . Liegt die Temperatur deutlich darunter, halten sich die Fische eher im tiefen Wasser weit vor der Küste auf, da dort konstante Temperaturen um 4°C herrschen. Deshalb kommen die Fische auch erst im Frühjahr dicht unter Land, da sich das Wasser dort am schnellsten erwärmt und ihre natürliche Nahrung, die aus kleinen Krebsen, Sandaalen und bei den Kapitalen auch aus größeren Heringen besteht, dann ebenfalls aktiver wird. Aus diesen Gründen liegt die beste Beißzeit im Frühjahr im küstennahen Flachwasserbereich so um die Mittagszeit. Dann herrschen durchschnittlich die höchsten Außentemperaturen, womit sich das Wasser in dieser Zeit am stärksten erwärmt.
Aber wie gesagt, wir vertrauten den Einheimischen und wir hielten durch… bis der Angeltag ausgerechnet um 17 Uhr ein jähes Ende fand. Wie aus dem Nichts kam starker Wind auf, ich schätze in Böen 8-9. Der Wind drehte parallel zum Ufer und es fing stark an zu regnen – Abbruch! Uns blieb also nichts anderes übrig als ins Hotel zurückzukehren, Fußball zu gucken und sich ein kleines Bierchen zu genehmigen – auch nicht schlecht (Zumal Bayern 0:3 gegen Werder verlor – gut für den HSV !!!)
Auf dem Zimmer hielten wir dann eine kleine Lagebesprechung, wie wir den nächsten Tag gestalten sollten. Wir nahmen uns nochmals vor den Einheimischen zu vertrauen und um 6 Uhr im Wasser zu stehen. Gesagt, getan! Wir waren voller Hoffnung, die Sonne ging gerade auf, keine Wolke am Himmel, der Wind hatte wieder auf ablandig gedreht und war auf 3-4 abgeflaut. Um 6.15 Uhr waren wir am Wasser – und wieder nicht alleine – wieder waren neun Angler vor uns dort und wieder die gleichen… und wieder ging nichts – bei keinem – und wieder schlug das Wetter um. Diesmal allerdings schon um 8 Uhr. Wieder Abbruch und zurück ins Hotel zum frühstücken. Beim Frühstück fragte ich Seppo dann schon einigermaßen resigniert, ob wir es später noch mal probieren sollten oder die Heimreise antreten wollen. Da das Wetter bis 9 Uhr immer noch nicht besser wurde, entschlossen wir uns für einen Heimweg mit Umwegen. Wir fuhren also wieder gen Westen und wollten uns noch ein, zwei gute Stellen für das nächste Mal angucken. Auf der Landkarte entdeckte ich die Boltenhagener Bucht mit größeren Höhenangaben direkt vor der Küste und ich schlug vor, dort noch mal Zwischenstation zu machen und sich die Verhältnisse anzusehen. Um 10.15 waren wir dann in Boltenhagen angekommen. Dort gibt es ebenfalls eine sehr lange und abwechslungsreiche Küste mit Leopardengrund. Und was noch viel besser war – die Sonne schien wieder und durch die Steilküste war der Strand durch den immer noch recht starken ablandigen Wind geschützt. Wir entschlossen uns spontan für einen letzten Angelversuch und machten schnell unsere Ruten fertig. Ich wählte einen Gladsax-Küstenwobbler mit 27 gr. in silber-grün und Seppo einen Tobi-Blinker von Jensen mit 20 gr. in silber-blau.
Auch hier waren schon einige Angler vor Ort, die bisher ebenfalls erfolglos waren. Wir suchten uns einen freien Platz direkt vor der Steilküste, wo wir relativ gut ins Wasser kommen konnten, da der Grund sehr steinig und glatt war und begannen zu Angeln. Mit dem schweren Wobbler, der dünnen Fireline, meinem Gerät und dem Wind im Rücken, waren für mich problemlos Wurfweiten von bis zu 80 Metern möglich. Eigentlich beste Vorraussetzungen, wenn Meerforellen offensichtlich nicht dicht am Ufer rauben. Aber als ca. 1 ½ Stunden vergangen waren, hatte sich bei uns immer noch nichts getan. Kein Biss. Kein Nachläufer. Nichts!
Um 12.20 Uhr sagte Seppo, dass er erst mal eine Pause machen und eine rauchen werde. Ich fand seinen Vorschlag recht reizvoll, da ich auch nur noch wenig Lust und Hoffnung hatte und sagte zu mir noch einen Wurf und dann erst mal Pause machen. Also Auswurf, in Gedanken schon bei der Zigarette, Biss!!! Und was für einer! In ca. 70 m Entfernung sah ich den Fisch zwei Mal an der Oberfläche rollen. Die Rute im Halbkreis gebogen. Die Bremse kreischend. Weitere 25 Meter Schnur weg. Die erste Flucht überstanden und die Erkenntnis „Das ist ein großer!“ Die nächsten fünf Minuten vergingen dann ohne beidseitigen Raumgewinn. Ich habe halbwegs gebetet, dass der Fisch nicht aussteigt. Wie sitzt der Haken? Wie viel Druck kann ich ausüben? „Lass dir Zeit und mach ihn müde!“, hörte ich Seppo rufen. Minute um Minute vergingen in denen ich einen unglaublichen Kampf erleben durfte und ich den Fisch Meter um Meter an die Küste drillte. Nach ca. 15 Minuten war es dann soweit. Fünf Meter vor mir tauchte der Fisch zum ersten Mal auf. Eine perfekt gezeichnete kapitale Meerforelle. „Ruhig bleiben!“, dachte ich mir, doch meine Knie zitterten. Seppo stand mit dem Kescher bereit und dann die nächste Flucht. Wieder nahm mir die Forelle spielend 30 Meter Schnur von der Rolle. Aber ich spürte wie sie dann müder wurde und ich sie langsam leichter wieder zu mir bekam. Nach ca. 20 Minuten war Seppo dann wieder bereit zum Keschern und ich konnte meine bisher größte Meerforelle wirklich erfolgreich landen!

10,40 Pfund und 73 cm reines Silber lagen im Kescher und kurze Zeit später auf den Steinen am Strand. Wahnsinn! Ich musste mich erst mal wieder beruhigen…
Seppo war jetzt aber wieder heiß und wollte ganz schnell wieder ins Wasser. Leider wurde auch hier in Boltenhagen nach ca. einer halben Stunde das Wetter wieder schlechter, so dass wir unserer Angelwochenende mit einem breiten Grinsen im Gesicht nun erfolgreich beendeten.

PS: Bei großen Meerforellen handelt es sich übrigens meist um Einzelgänger, die sich oft auf Heringe als Nahrung spezialisiert haben. Dies bestätigte auch der Mageninhalt – ein gut 25 cm langer Hering!
Kleinere Meerforellen treten hingegen oft in Trupps auf, die die Küste entlang ziehen. Deshalb sollte man nach einem Biss oder einem Nachläufer immer so schnell wie möglich weiterangeln und sich nicht allzu lange ärger!!

Bericht: Torben Röder; Hamburg

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